Die Gründung der ersten Sternwarte Chiles

Christian Ludwig Gerling und die US Naval Expedition in die südliche Hemisphäre 1849 - 1852


Prof. Dr. Andreas Schrimpf
Fachbereich Physik
Philipps-Universität Marburg


Dies ist schon eine erstaunliche Geschichte: ein Marburger Astronom schafft es, mit seiner Idee den amerikanischen Kongress für die Finanzierung einer dreijährigen astronomischen Expedition zu gewinnen, in deren Folge die erste Sternwarte Chiles, das National Astronomical Observatory of Chile, unter der Leitung eines hessischen Astronomen aus Zierenberg gegründet wurde.

Im 19. Jahrhundert haderten die Astronomen immer noch mit der nur recht unpräzise bekannten Entfernung der Erde von der Sonne, der Astronomischen Einheit. Franz Encke, der große Berliner Astronom, hatte angesichts der sehr seltenen Venustransite wenig Hoffnung, dass dieses Problem in absehbarer Zeit lösbar sei, denn für ein genaues Ergebnis benötigte man sehr viele Messungen! Christian Ludwig Gerling machte daher den Vorschlag, die Venus nicht beim Transit sondern als Morgen- oder Abendstern vor dem Sternenhintergrund sowie tagsüber im Meridiankreis zu vermessen. Diese Messungen waren zwar sehr anspruchsvoll, konnten aber alle 1 1/2 Jahre durchgeführt werden. Die berechtigte Erwartung bestand, dass in kurzer Zeit eine deutliche Verbesserung für den Wert der Astronomischen Einheit erreichbar sein sollte.

Mit dieser Idee warb Gerling sehr intensiv in der ganzen wissenschaftlichen Welt in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Deutsche Astronomen sahen die großen Herausforderungen und gaben ihre Unterstützung nur zögerlich. Alexander von Humboldt hingegen setzte sich sehr für diese Messungen ein! In den Vereinigten Staaten von Amerika fiel die Idee auf sehr fruchtbaren Boden, so dass unter der Leitung von James M. Gilliss der amerikanische Kongress eine Expedition nach Chile schickte, damit dort in einer neu zu gründenden Sternwarte die Planeten Venus und Mars drei Jahre lang genau vermessen werden sollten.

Prof. Dr. Andreas Schrimpf studierte 1976 – 1983 an der Philipps-Universität Marburg, 1986 folgte die Dissertation in Festkörperphysik bei Prof. Dr. Hans Ackermann in Marburg; 1987 - 1988 Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der University of Virginia, USA; 1994 Habilitation in Festkörperphysik an der Philipps-Universität Marburg; 1995/1996 Vertretungsprofessur an der Universität Kassel; seit 1996 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Physik, Philipps-Universität Marburg; seit 2004 Leiter der Arbeitsgruppe Geschichte der Astronomie und Beobachtende Astronomie am Fachbereich Physik, Philipps-Universität Marburg; seit 2015 außerplanmäßige Professur am Fachbereich Physik, Philipps-Universität Marburg.

Publikationen in Festkörperphysik, Geschichte der Astronomie, Beobachtende Astronomie.
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